Generation Z – Wie die neue Generation sich im Gesundheitswesen bemerkbar macht
„Wenn auf einen Schlag alle Assistenzärzte davonlaufen…“ titelte die NZZ zu Beginn des Monats die Kündigung von sieben Assistenzärzten des Spitals Einsiedeln. Offenbar führten zu viele Überstunden und verschlechterte Arbeitsbedingungen dazu, dass alle Assistenzärzte geschlossen kündigten. Sicherlich stimmt, dass die kleineren Spitäler in Sachen Personalressourcen knapper planen (müssen). So fällt z.B. im Falle von Krankheitsausfällen für die übrigen Ärztinnen und Ärzte mehr Arbeit. Dies war aber auch vor 20 Jahren schon der Fall und stellt somit kein neues Phänomen dar. Was hat sich also verändert?
Wie stellen sich zukünftige Medizinerinnen Ihren Beruf vor? Und wie lassen sich die unterschiedlichen Arbeitsvorstellungen der Generationen vereinen? Im Auftakt zu dieser Blogserie haben wir uns mit den Unterschieden zwischen den Generationen befasst. In einem zweiten Teil hat die Generation Z ihre Vorstellungen geteilt. Dieser dritte Teil handelt von der Motivation der jungen Ärzte und davon, wie diese gestärkt werden kann
Machtbewusstsein und Sichtbarkeit
Eine vierte Generation bereichert in diesen Jahren die Spitäler: die Generation Z (geboren zwischen 1995-2010). Und mit neuen Generationen kommen neue Arbeitsvorstellungen. Im Gegensatz zu früheren Generationen sind die jungen Ärztinnen und Ärzte nicht mehr bereit, „Durststrecken“ hinzunehmen. Sie machen nicht mehr nur auf Missstände aufmerksam, sondern ziehen auch Konsequenzen. Sie sind sich ihrer Macht bewusster, als frühere Ärztegenerationen.
Die Aussenwirkung einer solch scheinbar geeinten Handlung – alle Assistenzärzte kündigen gleichzeitig – ist ungleich grösser, als wenn erst einzelne Assistenzärztinnen gekündigt hätten, gefolgt vom Rest in Raten. Darin ist die Generation Z geübt: Welche Posts, Blogs, YouTube-Videos etc. erhalten die grösste Aufmerksamkeit? Man könnte daraus ableiten, dass diese Generation sich systemischer im Gesundheitswesen bemerkbar machen wird als frühere Generationen. Und sind wir ehrlich: Es hätte sich ja schon lange Einiges in den Spitälern ändern müssen.
Junge Ärztinnen und Ärzte sind sich ihrer Macht bewusst.
Der Exodus der Pflege wird mindestens so grosse Implikationen haben. Nach den Bildern, die während der Pandemie um die Welt gingen und dem bereits bestehenden Pflegemangel stellt sich doch ganz dringend die Frage: Warum wollen Menschen noch im Gesundheitswesen arbeiten? Und wie können Spitäler und Vorgesetzte diese Motive unterstützen?
Warum überhaupt noch im Gesundheitswesen arbeiten?
Frühere Medizinergenerationen waren auch motiviert durch Faktoren wie „hohes soziales Ansehen“ und „guter Verdienst“. Für die jüngere Generation haben diese nicht mehr denselben Stellenwert. In einer deutschen Studie befragte man Medizinstudierende im Jahr 2021 nach der Gewichtung verschiedener Zufriedenheitsfaktoren.
Neben Antworten, mit denen sich andere Generationen ebenfalls identifizieren, wie „gutes Verhältnis zu den Kollegen“ und „Teamarbeit“, fand man auch Erstaunliches: So wünschten sich die beiden jüngsten Generationen (Z und Millennials) auf Platz 6 von 16 Nennungen ein „partnerschaftliches Verhältnis zum Vorgesetzten“. Auf Platz 7 folgt sogleich die „Möglichkeit der Teilzeitarbeit flexibel nach meinen Bedürfnissen“. Ganz hinten, auf Rang 14, landete bei der Generation Z das „Anstreben einer langjährigen Zusammenarbeit seitens des Krankenhauses“. Hier sollten die Alarmglocken läuten: Kommt mit dem Pflegemangel der Medizinermangel und schliesslich der medizinische Versorgungsmangel?
Die Aussicht auf hohes soziales Ansehen und gute Löhne sind weniger wichtig geworden.
Verstehen wir die Beweggründe für ein langes Medizinstudium, Nacht- und Wochenenddienste und das Arbeiten in einem hierarchisch geprägten System, können Führungsansätze eine Lösung bieten. Wenn Vorgesetzte in ihrer Führung diese Motivationen und Bedürfnisse stützen, können sie Medizinerinnen, aber auch Pflegende und andere Menschen im Gesundheitswesen halten.
Spricht man die jüngste Medizinergeneration auf diese Beweggründe an, dann nennen sie manches, mit dem sich vorherige Medizinergenerationen identifizieren können:
- „Mit dem Studium ist der Weg in den Beruf geebnet – man weiss zumindest ungefähr, worauf man hinarbeitet“. In anderen Fächern, wie der Soziologie, Geschichte, Mathematik etc. ist der später angestrebte Beruf weniger klar definiert, das kann Unsicherheiten schüren.
- „Es ist ein Beruf, der mit Menschen zu tun hat und in dem sich die Handlungsanleitungen wissenschaftlich begründen lassen. Auch manuelles Geschick lässt sich einsetzen.“ Eine Studentin bringt es auf den Punkt: „Ich hätte auch Schreinerin werden können, aber dann hätte mir ja der wissenschaftliche Aspekt gefehlt.“
Doch es tauchen auch neue Begründungen und Zukunftsvisionen auf:
- „Es ist primär kein Bürojob“ (auch wenn die Bürokratie bisweilen gefühlt überhandnimmt).
- „Die Interaktion mit sehr unterschiedlichen Menschen ist unabdingbare Voraussetzung, das interessiert mich.“
Wenn Generation Z selbst Chefin einer Abteilung oder Klinik wäre, würden sie die Büroarbeiten vermehrt outsourcen und AI überlassen. Auch das Interesse an betriebswirtschaftlichen Aspekten ist im Falle einer Chefarztposition bei der Generation Z kaum vorhanden. Dürften junge Medizinerinnen ihren Chefs Empfehlungen abgeben, so würden sie sich wünschen, dass alle Ärzte möglichst nah am Patienten arbeiten und sich besser in die Situation der Patientin hineinversetzen könnten.
Wohl der Patientinnen ebenso Thema wie das der Ärzteschaft
Das Wohl des Patienten spielt also eine Rolle, nicht minder und neu aber auch das Wohl der Ärztinnen und Ärzte: Man spricht auch auf grossen Ärzte-Fortbildungsveranstaltungen offen über die psychische Gesundheit von Ärztinnen und Ärzten. Wie Nachtdienste ohne Nebenwirkungen überstanden werden können und welches Umfeld dafür nötig ist – es ist z.B. die Rede von UV-Lampen und dem privaten Kopfkissen für das Pikett-Zimmer. Ältere Medizinergenerationen mögen darüber den Kopf schütteln. Aber kümmert man sich nicht besser um andere, wenn es einem selbst auch gut geht? Ältere Medizinergenerationen erlebten Burnout, noch ehe es ein Wort dafür gab, die Generation Z betreibt Prophylaxe und spricht darüber – man könnte es auch so sehen.
Kümmert man sich nicht besser um andere, wenn es einem gut geht?
Neues Selbstverständnis der jungen Ärzte
Mit diesen offen formulierten Bedürfnissen geht auch ein neues Selbstverständnis einher. Doch vielleicht ist das nichts Schlechtes: Patientenwohl, Empathie und psychische Gesundheit der Ärztinnen stehen im Zentrum. Das Bewusstsein über die eigene Macht im System könnte man ebenfalls positiv werten: Veränderungen werden von Grund auf möglich. Der dringende Wunsch nach Sichtbarkeit dieser Generation, wie er auch in der Literatur beschreiben wird, ist sicherlich ein weiterer zentraler Punkt. Darüber sollten sich jetzige und künftige Führungsgremien im Gesundheitswesen Gedanken machen. Die offene Auseinandersetzung mit den Fragen um diese Generation ist daher unabdingbar.
No Bullshit 2: Be a good Coach
Führung hat viele Facetten. Eine davon ist: Coach sein. Im Kern bedeutet dies, die eigenen Leute konsequent in ihrer Lösungssuche und Entwicklung zu unterstützen.
Doch was bedeutet das eigentlich? Und: Kann eine Führungskraft gleichzeitig Vorgesetzte und Coach sein? Ja, indem sie klare Orientierung gibt und die richtigen Werkzeuge nutzt.
Wie das funktioniert lernen Sie in Teil 2 unserer Seminarreihe „No Bullshit. Serie über Führung“.
Bild von Luis Melendez auf Unsplash
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