Ever given, ever taken. Das Evergreen «Feedback»
Ende März versperrte ein gigantischer Containerfrachter mit dem interessanten Namen «Ever Given» für eine Woche den Suezkanal. Es hielt damit den Welthandel auf und verursachte Milliardenkosten. Betrieben wird der Frachter von der Firma «Evergreen». Ein absolutes «Immergrün» in allen Organisationen ist die Frage nach Feedback. Heute schon Feedback gegeben? Heute schon erhalten? Ever given? Ever taken?
Feedback ist unbestreitbar wichtig für Qualität. Gleichzeitig beobachten wir überall Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Das überrascht angesichts der unbestrittenen Bedeutung.
Unternehmen aller Art diskutieren die Frage rigoroser Feedbacks zugunsten von hoher Performanz. In Spitälern fordern Mitarbeitende als auch übergeordnete Instanzen lautstark eine Feedback-Kultur anstelle einer Angst-Kultur.
In einer dreiteiligen Blog-Serie gehen wir diesen Schwierigkeiten nach, betrachten neuere Lösungen und erweitern die Diskussion um das Konzept der psychologischen Sicherheit.
Wozu Feedback?
«Nur durch Feedback wächst du.» Wer kennt es nicht, das Loblied auf ein gut gemeintes und ehrliches Feedback. Feedback klärt Erwartungen, löst Probleme, fördert Talent. Ohne Feedback kein Lernen, kein «Performen». Kurz, Feedback sei gut – so die Behauptung. Aber stimmt das? Und wenn ja, wie viel, durch wen, wann und wie? Wo liegen Grenzen? Was fördert, was hindert?
Unbestritten ist: Feedback verbessert Leistungen – wenn es funktioniert. Feedback – das ist die Kernbedeutung – zielt darauf ab, dass Personen ihre Performanz verbessern. Rückmeldungen zu Verhalten und Outcomes von Verhalten ermöglichen es der Empfängerin, dem Empfänger, Verhalten zu adaptieren. Individuelles Lernen steht hier im Vordergrund.
Konstruktives Feedback ist essentiell für das individuelle Lernen.
Gleichzeitig interessieren sich auch Organisationen für verbesserte Leistungen. It’s all about Performance, wie es so schön heisst.Leistungen werden fortlaufend eingeschätzt und beurteilt. Dies soll zu besseren Leistungen anspornen. Controlling-Gespräche sind, so gesehen, immer auch Feedback-Gespräche.
Diese Nachbarschaft von Feedback und Leistungsmessung kann allerdings erheblich verwirren und In-Effektivität begünstigen.
Die Herausforderung
Der gute Ansporn für Feedback ist, Menschen helfen zu lernen. Die Anschlussfrage stellt sich: Wie können wir anderen helfen, sich zu entwickeln? Was hilft, was hindert?
Kritische Rückmeldungen sind psychologisch immer anspruchsvoll. Ein Schelm, wer behauptet, immerzu kritische Rückmeldungen zu wollen. Denn diese erzeugen in uns eine Spannung, zumindest zwischen den zwei grundsätzlichen Bedürfnissen, zu lernen und so akzeptiert zu werden, wie wir sind (Heen & Stone 2014). Feedback ist immer emotional unterlegt und negative Emotionen sind schnell getriggert. Dann wird Feedback abgelehnt und verbleibt ineffektiv.
Der richtige Rahmen für (kritische) Feedbacks
Halten wir fest: kritisches Feedback ist immer herausfordernd. Was keinesfalls ausschliesst, dass wir uns nicht manchmal kritisches Feedback wünschen. Das tun wir insbesondere dann, wenn wir uns einer Sache wenig sicher sind, bereit sind unser begrenztes Wissen und Können anzuerkennen und den Wunsch nach Besserung haben.
Mit anderen Worten – und das ist wesentlich – wir akzeptieren kritische Rückmeldungen unter bestimmten Voraussetzungen. Nämlich dann, wenn wir 1) Lernbedarf anerkennen (das erfordert Selbstbewertung) und 2) die Beziehung zwischen den Beteiligten grundsätzlich wertschätzend und anerkennend ist.
Kritische Rückmeldungen funktionieren, wenn wir den Lernbedarf erkennen und uns wertgeschätzt fühlen.
Ein solcher Rahmen fördert das Lernen und ermöglicht effektive Feedbacks. Umgekehrt sinkt diese Effektivität rapide ab, wenn der Empfänger die Rückmeldungen als Fremdbewertung (sprich: Beurteilung) und als appellativer Hinweis auf Soll-Ist-Diskrepanzen versteht. Er oder Sie nimmt das Feedback dann als potenziell massregelnder Hinweis auf ungenügende Leistungen wahr.
In der nächsten Folge beschäftigen wir uns mit den Schlussfolgerungen neuerer Ansätze aus dieser Einsicht. Ein dritter Teil wird dann Feedback-Kultur und psychologische Sicherheit «schultern».
Seminar “Be a good coach!”
Kursinhalte:
- Coaching in der Führung? Was Mitarbeitende zufrieden und leistungsbereit macht.
- Grundlagen des lösungsorientierten, systemischen Coachings, Speedcoaching, Kurzzeitcoaching, Wunderfragen?
- Trainingssequenzen, in denen sowohl Erfahrungen mit der Coach- als auch der Coachee-Rolle gemacht werden.
Zielgruppe: Frauen und Männer in Führungs- oder Schlüsselpositionen an Spitälern, Universitäten und anderen Expertenorganisationen
Wann: Dienstag, 22. Juni 2021
Literatur
Sheila Heen and Douglas Stone. Thanks for the Feedback: The Science and Art of Receiving Feedback Well (Viking/Penguin, 2014)
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