Management und Medizin: Krisenstäbe werden plötzlich schmerzlich vermisst

Erstaunt hat uns diese Aussage. Nicht nur ein bisschen, sondern sehr. «Wir vermissen unseren Krisenstab.» Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Und so tönte es nicht nur in einer Post-Corona-Auswertung, sondern gleich in mehreren Auswertungsrunden in Spitälern, die wir begleiten durften.

Wir wollen Sie in diesem Blog teilhaben lassen an den positiven Erfahrungen der Zusammenarbeit in der Covid-Zeit – unter anderem eben an der an vielen Orten geschätzten Zusammenarbeit in Krisenstäben. Die folgenden Aspekte haben sich in mehreren Auswertungsrunden in schweizerischen und deutschen Spitälern gezeigt.

Aspekt 1: Kooperationsbereitschaft unter Krisenbedingungen

Vielfach berichteten die Spitäler davon, dass sie die Zusammenarbeit in der Krise und die erzielten Ergebnisse als sehr befriedigend erlebten. Die Krisenstäbe und ihre Subeinheiten agierten mehrheitlich – oftmals nach anfänglichem «Storming» – produktiv und stimmten sich Schritt für Schritt ab. Man konnte sich einer hohen Bereitschaft gerade auch zur interprofessionellen Zusammenarbeit erfreuen.

So bedauerten gar einige involvierte Personen die Auflösung der Krisenstäbe, weil sie selten solch gute Zusammenarbeit erlebt hätten.

Aspekt 2: Rasche Veränderungen

Berichtet wurde ferner, wie viele Veränderungen rasch, ja, unerwartet rasch möglich wurden. Was sonst oft monatelanger Verhandlungen bedurfte, konnte verschiedentlich in einem Nachmittag (!) entschieden werden.

Die so wichtige Veränderungsbereitschaft war in hohem Masse gegeben. Man kam zügig zu Entscheidungen und setzte unmittelbar um. Dabei erhielt man – oder nahm sich – (sonst ungewohnten) Freiraum, ohne dem Verdacht ausgesetzt zu sein, lediglich Eigeninteressen wahrnehmen zu wollen.

Man nahm sich – und erhielt – ungewohnten  Freiraum.

Aspekt 3: Agiles Handeln

Die Krisenverarbeitung erfolgte weniger nach den üblichen (Projekt-)Management-Methoden. Vielmehr ging es darum, den Erfordernissen der Situation gerecht zu werden und rasche Anpassung und ein fortwährendes Lernen aus der Situation zu begünstigen.

Die zum Hype-Begriff im Management gewordene «Agilität» meint ein Arbeiten an komplexen Themen, das hochgradig wiederholend, in fortlaufender Abstimmung und typischerweise unter weitreichender Selbstorganisation interprofessioneller Teams fungiert. Diese Art von Management ist in den meisten Spitälern Neuland und bedarf anderen Kompetenzen als bisher. Mehr dazu in einem nächsten Blog-Beitrag.

Selbstorganisation und enge Abstimmung – so geht agiles Handeln.

Und jetzt?

Was sonst in Spitälern fast unmöglich scheint, hat die Krise möglich gemacht. Plötzlich wurde das komplexe Management des Spitals auf den Kopf gestellt und die Zusammenarbeit musste neu definiert werden.

Dass viele Spitäler sich die Zeit nehmen, die gemachten Erfahrungen auszuwerten, stimmt uns vorsichtig optimistisch, dass sich die beobachteten positiven Aspekte auch nach der Krise noch zeigen können und dürfen.

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