Ever given, ever taken. Feedback-Kultur und psychologische Sicherheit

Kliniken sollen eine Feedback- anstelle einer Angstkultur pflegen, so wird heute oft gefordert. Was heisst das konkret? Liest man die entsprechenden Forderungen, gewinnt man den Eindruck, dass es in erster Linie um die Abkehr von einer stark hierarchisch geprägten Kultur geht. Ist also im Kern Feedback an die Vorgesetzten gemeint?

Der erste Teil dieser Blog-Serie befasste sich mit dem richtigen Rahmen für effektives Feedback. Im zweiten Teil zeigten wir neuere Lösungen für einen optimalen Rahmen für effektives Feedback auf. In diesem dritten Teil geht es nun um die psychologische Sicherheit in Teams. Alle drei Blog-Beiträge der Serie basieren auf unserem Artikel «Feedback(-Kultur) und psychologische Sicherheit» in der Schweizerischen Ärztezeitung.

Das Bedürfnis, das diesen Forderungen vermutlich zugrunde liegt, wird seit Amy Edmondson einschlägigen Arbeiten unter dem Begriff «psychologische Sicherheit» intensiv diskutiert (Edmondson 2020). Psychologische Sicherheit gilt heute als wesentliche Determinante effektiver Teamarbeit. Das gilt spätestens seit Google die Ergebnisse seines «Aristotle-Projekts» vorgestellt hat.

Psychologische Sicherheit: Lernen ermöglichen und fördern

Psychologische Sicherheit besagt, dass die Mitglieder eines Teams es wagen, zwischenmenschliche Risiken einzugehen. Dies geschieht, indem sie Rückmeldung geben, Schwächen eingestehen und Fehler zugeben, aber auch Fragen stellen und insgesamt den Status quo hinterfragen. Dieses Risiko gehen sie ein, weil sie nicht befürchten müssen, bestraft, gedemütigt oder als inkompetent hingestellt zu werden.

Das Ausmass an psychologischer Sicherheit in einem Team entscheidet wesentlich darüber, ob es aus Fehlern und Abweichungen lernt.

Psychologische Sicherheit misst die Bereitschaft, den anderen im Team zu vertrauen. Das betrifft Vorgesetzte, Peers und Unterstellte. Entsprechend ist in stark hierarchischen und konkurrenzierenden Teams nur geringe psychologische Sicherheit und limitiertes Lernen anzutreffen. Exakt darum sind die geringeren Werte an Wohlbefinden in Unispitälern beunruhigend, wo es in besonderem Masse um Lernen gehen sollte (Heuss/Datta 2020). Aber man versteht, warum die Rede von Feedback-Kultur akut ist.

Lern-Zone als Ziel

Eigene Fehler, kritische Fragen und Beobachtungen ins Spiel zu bringen, ist immer riskant. Aber genau darum geht es. Es geht um ein Klima, das diese Risikobereitschaft stärkt – zugunsten des Lernens. Die Lern-Zone ist das Ziel, nicht die harmonievolle Komfort-Zone (vgl. Abbildung). Dazu muss sich psychologische Sicherheit mit Verantwortung und Motivation der Mitarbeitenden kombinieren. Wird das erreicht, kann Lernen effektiv stattfinden.

Psychologische Sicherheit messen und gezielt fördern

Psychologische Sicherheit ist gut messbar. Diese Messungen bieten eine Basis für die evidenzbasierte Kulturentwicklung Ihrer Organisation. Wir unterstützen Sie auf Wunsch gerne bei Messung, Strategie-Erarbeitung und Change-Prozess.

Erfahren Sie mehr zu unserem Angebot.

Literatur

Edmondson A., Die angstfreie Organisation: wie sie psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz für mehr Entwicklung, Lernen und Innovation schaffen. Vahlen, 2020

Heuss S., Datta S., Studienerkenntnisse für eine verbesserte Kommunikation zwischen Generationen im Spital. Wie kommunizieren Ärztinnen und Ärzte untereinander? Ein praxisnaher Spitalbericht, 2020. FHNW, Olten, 2020

Bild

Adaptiert nach Edmondson 2020