„Jemand, der es darauf anlegt, in allen Dingen moralisch gut zu handeln, muss unter einem Haufen, der sich darum nicht kehrt, zu Grunde gehen.“

Niccolo Machiavelli

In der aktuellen Leadership-Theorie ist man sich einig: Ohne Soft Skills wird man keine gute Führungskraft. Unzählige Studien belegen, dass Kompetenzen wie Teamorientierung, Motivation, Selbstkritik, Offenheit und Empathie Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen und erhalten. Deshalb wird in modernen Leadership-Programmen und in Kommunikationskursen die Wahrnehmung von verbalen und non-verbalen Finessen geschult, Metakommunikation, aktives Zuhören und Paraphrasieren trainiert. Authentizität ist zudem aktuell das wichtigste Merkmal einer vorbildlichen Führungskraft.

Daran ist nichts verkehrt. Das Problem ist nur, dass eine ganze Gruppe von Führungskräften, vor allem die Jungen und die Frauen, beim Besuch einer entsprechenden Weiterbildung einer Täuschung unterliegen. Sie erleben, dass sie einen grossen Teil des vermittelten Stoffs und der Trainingsinhalte schon kennen. Sie können bereits aktiv zuhören, „hmsen“ (mhm, mhm, aha, mhm…) und stille Kolleginnen in eine Diskussion einbeziehen. Sie wissen, dass sie ihre Arme nicht unfreundlich verschränken dürfen während eines Gesprächs, dass sie gelegentlich aufmunternd lächeln und ihrem Gegenüber Wertschätzung in Form von Lob und detaillierter Rückmeldung entgegenbringen sollen. Sie wissen das, weil das Kinder zum Glück heute bereits in der Schule lernen, zum Beispiel in der Klassenrunde, beim Feedbackgespräch oder im Halt-Gewalt-Projekt. Besagte Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer schliessen ihre Fortbildung mit einem guten Gefühl des „ich fühle mich bestätigt, ich wusste das ja schon!“ oder je nachdem auch in einer gelangweilten Stimmung „ da war ja nicht viel Neues dabei“ ab. Und sie merken nicht, dass sie nur die eine Hälfte der Kompetenzen, die sie benötigen, um als Führungskraft Karriere zu machen, beherrschen und die andere Hälfte im Kurs glatt unterschlagen wurde. Wäre nämlich die Arbeitswelt eine durchwegs freundliche, in der sich entsprechend trainierte Menschen jederzeit unterstützend begegnen und gewaltfrei kommunizieren, würde das Erlernte vollkommen ausreichen, um erfolgreich zu sein. Leider ist die Realität oft eine andere, insbesondere in Kontexten, in denen Entscheidungen gefällt, verhandelt, gewetteifert und befördert wird. Hier sind ergänzende, wenn nicht gar gegenteilige Kompetenzen gefragt: Sich durchsetzen, sich Gehör verschaffen, lobbyieren, Networking und Selbstmarketing betreiben. Dazu gibt es wenig Weiterbildungsangebote. Machtspiele kommen in Leadershipkursen kaum vor. Jemanden gekonnt unterbrechen und sich non-verbal verteidigen wird nicht geübt im Kommunikationskurs.

Deswegen müssen Frauen und Männer, die Wettbewerb und Machtspiel nicht beherrschen, sich dringend auch diesen Teil notwendiger Kompetenzen aneignen. Sie müssen „zweisprachig“ werden und je nach Kontext ihre kommunikativen Fähigkeiten anzupassen wissen. Nur so gelingt ein Aufstieg in hierarchischen Organisationen. Die guten Machtspieler wissen das längst. Sie beherrschen die Hard Skills und eignen sich zusätzlich in der modernen Leadership die Soft Skills an. Sie sind zweisprachig unterwegs. Tun Sie es ihnen gleich!