Bridging Crises: … und das Konzert geht weiter

Das sonst so vielstimmige Konzert unserer Gesellschaft wurde in den letzten vier Wochen reduziert – in zuvor nicht vorstellbarer Weise. Die erste Geige spielte klar und deutlich die Gesundheit. Das ändert sich nun. Und daraus kann viel gelernt werden.

„Nie zuvor war unser Leben so einfach und nie wieder, wenn die wenigen Wochen vorbei sind, um die es sich hier handeln kann, wird es so einfach sein“, schrieb der Soziologie Rudolf Stichweh in der FAZ vom 7.4.2020. Die ersten drei COVID-19-Wochen waren geprägt von den Gesundheitsfragen. Wir alle folgten fassungslos den Zahlen und Projektionen der Epidemiologen. Flatten the curve“, war das Gebot der Stunde – mit weitgehender Einigkeit.

Nun setzt die Stimmenvielfalt wieder ein. Seien es wirtschaftliche Aufrufe, rechtliche Bedenken oder parteipolitisches Geplänkel. Sie alle tragen bei zum Konzert der Gesellschaft, das wieder zu erklingen beginnt. Das meint Stichweh, wenn er davon spricht, dass unser Leben so einfach war. Für einmal schienen die Prioritäten klar zu sein. Diese vermeintliche Einfachheit kann aber nur von kurzer Dauer sein.

Eindeutige Prioritäten sind dies nur auf den vermeintlich ersten Blick.

Denn unsere Gesellschaft ist so komplex wie vernetzt und eindeutige Prioritäten sind dies nur auf den vermeintlich ersten Blick. Wirtschaftlicher Stillstand wird über kurz oder lang auch gesundheitliche Folgen haben, etwa wenn medizinische Güter knapp werden. Wenn wiederum die medizinische Logik dominiert, kann auch dies ungewollt gesundheitliche Folgen haben, beispielsweise, wenn Menschen aus Angst sich anzustecken nicht mehr zum Arzt gehen, depressiv oder Opfer häuslicher Gewalt werden. Auch ein vollständiges Setzen auf Wissenschaft kann nur der wünschen, der unterschätzt, wie schwierig wissenschaftliches Wissen in die Praxis zu übersetzen ist.

Kurz, gesellschaftliche Ziele, seien es gesundheitliche, rechtliche, politische, mediale, wissenschaftliche oder wirtschaftliche stehen nicht gegeneinander – aber sie stehen oft genug im Konflikt zueinander und fordern uns daher in unseren Entscheidungen maximal heraus. Im Alltag fällt uns das oft gar nicht mehr auf. Nun wird uns das in aller Deutlichkeit vor Augen geführt.

Und genau das ist es, was momentan beobachtet und gelernt werden kann:

  • Wie spielen verschiedene Systeme ineinander? Wie können sie sich benötigen, gleichzeitig aber in Zielkonflikte geraten?
  • Wie können wir daher Formen des Abwägens finden, die uns erlauben, angesichts maximaler Ungewissheit sinnvolle Entscheidungen zu treffen?
  • Und wer leistet welche Beiträge dazu?
  • Und was passiert anschliessend?

Um nochmals Stichweh zu zitieren: „Einen solchen Neustart aller Funktionssysteme hat es in der Geschichte der Moderne (Ausnahme vielleicht die beiden Weltkriege) so noch nicht gegeben. Es wird Strukturbrüche geben, aber wir wissen nicht welche.“

Gesellschaftliche Ziele stehen nicht gegeneinander – aber sie stehen oft genug im Konflikt zueinander.

Die Ausgestaltung und die Beobachtung dieses Prozesses und das Lernen darin, werden unsere Zukunft prägen. Robert Habeck von den Deutschen Grünen hat schon vorgeschlagen, nach der Krise Räte zufällig ausgeloster Bürger und Bürgerinnen einzurichten, die die Krise auswerten und Lernen festhalten sollen. Immerhin einmal ein Vorschlag.

Was lernen Sie und Ihre Organisation gerade? Welche Zielkonflikte präsentieren sich Ihnen?

Wir stellen uns als Berater, Forscher und Coachs zur Verfügung, um Lernen aus und in dieser Krise zu ermöglichen. Sprechen Sie uns an und wir stellen wertvolles Lernen gemeinsam mit Ihnen sicher.