Affen werden gefüttert oder geschossen!
Ein beliebtes Spiel in hierarchischen Organisationen ist das „Affenspiel“ oder „Monkey Business“. In diesem Spiel geht es darum, Aufgaben möglichst von unten nach oben zu delegieren. Führungskräfte sehen sich dabei mit der Tatsache konfrontiert, dass Aufgaben, mit denen sie ursprünglich ihre Mitarbeitenden beauftragt haben, wieder auf ihrem Schreibtisch landen. Dies kann in einzelnen Fällen daran liegen, dass sie falsch delegiert, bzw. ihre Mitarbeitenden überfordert haben. Oft aber ist dies lediglich Teil des Affenspiels.
1974 bereits haben Oncken und Wass dieses Phänomen in einem der bis heute am häufigsten gelesenen Artikel in der Harvard Business Review beschrieben und folgenden Mechanismus identifiziert:
Führungskräfte verfügen über drei Arten von Zeit:
- boss-imposed, also vom Chef oder der Chefin oder durch den Anstellungsvertrag bestimmte Zeit
- system-imposed, von Systemanforderungen bestimmte Zeit, und
- self-imposed, selbstbestimmte Zeit.
In den letzten Jahren ist die systembestimmte Zeit gewachsen, was den selbstbestimmten Teil verkleinert hat und zudem in Konkurrenz zum Kerngeschäft, also des eigentlichen Arbeitsauftrages, steht. Erledigt eine Führungskraft ihre chefbestimmten Aufgaben ungenügend, hat sie mit starken Reaktionen, teilweise Sanktionen, zu rechnen. Bei der Vernachlässigung von systembedingten Aufgaben, zum Beispiel Qualitätsmanagement oder Zeiterfassung, fällt die Reaktion etwas milder aus.
Wo steckt denn nun der flexible Gestaltungsraum?
Natürlich in der selbstbestimmten Zeit, wobei diese auch noch einmal zu unterteilen ist in sogenannte „Mitarbeitenden-Zeit“ und in „diskrete Zeit“. Die „Mitarbeitenden-Zeit“ ist die Zeit, in der die Führungskraft sich mit den Arbeiten herumschlägt, die sie ursprünglich delegiert hatte. Die „diskrete Zeit“ ist der Rest der Zeit, die niemand kontrolliert und die strategisch, zur persönlichen Entwicklung und zur konkreten Einflussnahme auf die Organisation verwendet werden kann.
Die Preisfrage lautet nun: Wie kann eine Führungskraft mehr „diskrete Zeit“ gewinnen? Natürlich nur durch Verkleinerung der „Mitarbeitenden-Zeit“, das heisst durch die Reduktion der Delegation von unten. Und was sind denn nun die Affen?
Wie kann eine Führungskraft mehr „diskrete Zeit“ gewinnen?
Oncken und Wass benutzen hier die Metapher „Affe“ für die an den Mitarbeitenden delegierte Aufgabe. Begegnet die Führungskraft nun zufällig diesem Mitarbeitenden, sagt dieser etwas in der Art von „Hallo Chefin, gut, dass ich Sie treffe. Wir haben ein Problem!“ Der Mitarbeitende trägt dabei den Affen auf der Schulter und verfolgt nun das Ziel, diesen bei dieser Begegnung an die Chefin abzugeben. Mit einem „Könnten Sie sich das mal anschauen?“ oder „Das müssten eigentlich Sie entscheiden.“ wird der Affe übergeben und die beiden trennen sich. Nun die Chefin mit dem Affen auf der Schulter. Da die Chefin viele Mitarbeitende und diese wiederum mehrere Affen haben, steigt die Affenpopulation im Büro der Chefin stetig. Es gibt übrigens auch etliche „E-Mail-Affen“, die als Attachments weitergereicht werden!
Es gibt übrigens auch E-Mail-Affen.
Mit der Übergabe des Affen wechselt gleichzeitig auch das Monitoring des Arbeitsfortschritts und die Mitarbeitenden fragen gelegentlich bei der Führungskraft nach, wie es denn nun um den Affen stehe. Sie werden in einem gewissen Sinn zu Vorgesetzten der Führungskraft.
Durch häufige Rückdelegation von Aufgaben von Mitarbeitenden an die Führungskraft verliert diese mehr und mehr ihre „diskrete Zeit“ und damit ihren Einfluss und ihre Gestaltungsmöglichkeit in der Organisation.
Grundsätzlich gilt nun aber, dass Affen genauso gut im Büro der Mitarbeitenden schlafen wie im Büro der Vorgesetzten. Sie können aber zwischendurch gezielt gemeinsam durch den Mitarbeitenden und die Führungskraft „gefüttert“ werden. Damit ist die kurzfristige Bearbeitung der Aufgabe im Rahmen eines bilateralen Termins gemeint.
Um die Rückdelegation von Aufgaben erfolgreich zu verhindern empfehlen Oncken und Wass folgende Regeln zum Umgang mit Affen:
- Affen werden gefüttert oder geschossen.
- Die Affenpopulation bleibt unter der Zahl, die eine Führungskraft maximal füttern kann.
- Affen werden nur zu vereinbarten Zeiten gefüttert (max. 15 Minuten pro Fütterung).
- Affen werden immer „face to face“ oder am Telefon gefüttert.
- Affen haben immer eine nächste vereinbarte Fütterungszeit.
Erkennen Sie also die Affen in Ihrer Umgebung, sorgen Sie dafür, dass sie nicht bei Ihnen wohnen und nehmen Sie sich mehr Zeit für die beiden wichtigsten Karriereheber: strategisches Netzwerken und Selbstmarketing! Unsere Coachings und Kurse unterstützen Sie dabei.